Die Arbeit der Ethikkommissionen in Bayern im Spannungsfeld zwischen Forschung und Ethik
Steht der Mensch im Blick wissenschaftlicher Forschung, so sind auch ethische Dimensionen von Fragestellung, Methode und Forschungspraxis ein wichtiger Referenzpunkt für Forschende. Darüber hinaus wird bei der Publikation von Forschungsergebnissen in Fachzeitschriften mehr und mehr die Vorlage von Ethikvoten gefordert. Vor diesem Hintergrund verfolgen eigens eingerichtete Ethikkommissionen das Ziel, Forschungsvorhaben nach ethischen und rechtlichen Aspekten zu begutachten. Institutionalisiert haben sich Ethikkommissionen mittlerweile nicht nur an verschiedenen bayerischen Universitäten, sondern auch die bayerischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAWs) bündeln diese Aufgabe in der Gemeinsamen Ethikkommission der Hochschulen Bayerns (GEHBa).
Das BayWISS-Verbundkolleg Gesundheit widmete sich bei seinem 7. Netzwerktreffen am 04. Juli 2024 an der OTH Regensburg diesem Themenkomplex. Im Rahmen eines abwechslungsreichen Programms beleuchteten 53 Mitglieder des Kollegs sowie interessierte Teilnehmende potenzielle Spannungsfelder zwischen Ethik und Wissenschaft im Kontext gesundheitsbezogener Forschung und der Arbeit von Ethikkommissionen in Bayern. Sie diskutierten, welche Herausforderungen, Zielkonflikte und Übereinstimmungen dabei existieren.
Die BayWISS-Promotion als einzigartige Möglichkeit der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
Als Gastgeber freute sich Prof. Dr. Oliver Steffens, Vizepräsident für Forschung und Internationales der OTH Regensburg, sehr über die Ausrichtung der BayWISS-Veranstaltung an seiner Hochschule und bedankte sich herzlich bei allen Beteiligten für die Organisation. Prof. Dr. Ernst Tamm, Vizepräsident für Forschung und Nachwuchsförderung an der Universität Regensburg und Sprecher des Kollegs, betonte die Wichtigkeit der Promotion als Karriereschritt für junge Forschende. Das Bayerische Wissenschaftsforum leiste als einzigartige Plattform der Zusammenarbeit zwischen Universitäten und HAWs mit seinem Netzwerk und seiner Projektförderung einen zentralen Mehrwert, um diesen Schritt zu ermöglichen. Einen ersten themenbezogenen Einstieg gab Priv.-Doz. Dr. Elmar Buchner, Sprecher des Kollegs und stellvertretender Leiter des Instituts DigiHealth der Hochschule Neu-Ulm, durch einen kurzen Einblick in die GEHBa und der Frage nach der unterschiedlichen Akzeptanz von Ethikvoten aus HAWs und Universitäten.
Verantwortung als Leitprinzip wissenschaftlicher Forschung
Daran anschließend stimmten zwei Impulsvorträge auf den fachlichen Austausch ein. Prof. Dr. Alexandra Manzei-Gorsky, Professorin für Soziologie und Gesundheitsforschung an der Universität Augsburg, nahm dabei die rechtliche, politische sowie ethische Regulierung von Ethikkommissionen in den Blick. Sie diskutierte die Frage, inwieweit es in der derzeit praktizierten Anwendungsform von Ethikkommissionen zu Eingriffen in die im Grundgesetz verankerte Forschungsfreiheit kommen kann. Dabei ging sie exemplarisch auf ein Beispiel aus ihrer eigenen Erfahrung als Betreuerin von Promotionsvorhaben ein. Im zweiten Impulsvortrag lieferte Prof. Dr. Karsten Weber, Experte für Technikfolgenabschätzung an der OTH Regensburg, Direktor des Center of Health Sciences and Technology sowie Mitglied der GEHBa, einen historischen Abriss der philosophischen Auseinandersetzung mit Ethik. Er appellierte daran, dass Verantwortung das Leitprinzip von Forschung sein müsse, dem sich sowohl die Wissenschaft als auch die Ethikkommissionen verschreiben sollten.
Aufbauend auf diesen Impulsen debattierten die beiden Vortragenden verschiedene Perspektiven auf die Thematik im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Miriam Banas, Mitglied der Ethikkommission der Universität Regensburg und Geschäftsführende Oberärztin für Nephrologie, Prof. Dr. Walter Swoboda, Leiter des Instituts DigiHealth an der Hochschule Neu-Ulm und Mitglied der GEHBa, und Dr. Martin Schmieder, Geschäftsführer der GEHBa. Prof. Dr. Andrea Pfingsten, Professorin für Physiotherapiewissenschaft an der OTH Regensburg, die durch die Veranstaltung führte, moderierte den regen Austausch. Kontrovers diskutiert wurde dabei unter anderem die Frage, inwieweit die Zusammensetzung der Mitglieder von Ethikkommissionen eine wichtige Rolle in deren Arbeitsweise spielt.
Von Autonomieförderung bis zum Prozess des prolongierten Weanings: Promovierende präsentieren ihre Forschungsvorhaben
Einen Einblick in die Forschung des Verbundkollegs Gesundheit gaben zwei Promovierende des Kollegs, die im Rahmen von Kurzvorträgen ihre Promotionsprojekte präsentierten. Den Anfang übernahm Luisa Falkenstörfer, die an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt und der Julius-Maximilians-Universität promoviert. In ihrem Projekt mit dem Titel „Autonomie Digital – Autonomieförderung bei Menschen mit chronischen Erkrankungen mit Hilfe digitaler Möglichkeiten“ versucht sie zu ermitteln, welche digitalen Tools Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen. Gleichzeitig untersucht sie, welche Instrumente den Autonomiebedürfnissen von chronisch Kranken gerecht werden, um deren Autonomie zu wahren und zu verbessern. Manuel Artmann, der im Verbund an der OTH Regensburg und der Universität Regensburg forscht, zeigte in seinem Vortrag hingegen eindrücklich, welchen Einfluss die Sitzposition auf tracheotomierte, vom Respirator diskonnektiert-spontanatmende Patientinnen und Patienten im Prozess des prolongierten Weanings hat.
Fortgesetzt wurde der Austausch beim anschließenden Empfang, in dessen Rahmen Promovierende mit Professorinnen und Professoren sowie Interessierten zu ihren Forschungsvorhaben ins Gespräch kamen, Impulse aus der Podiumsdiskussion im individuellen Gespräch vertieft wurden und die Teilnehmenden neue wissenschaftliche Kontakte für gemeinsame Forschungsprojekte knüpfen konnten.
Über das Verbundkolleg Gesundheit:
Das Bayerische Wissenschaftsforum – BayWISS wurde 2015 von den bayerischen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften als Kommunikationsplattform gegründet und soll eine intensivierte Kooperation zwischen den beiden Hochschultypen fördern.
Einen wichtigen Pfeiler des Bayerischen Wissenschaftsforums bilden die Verbundpromotionen, bei denen die Promovierenden sowohl von einer universitären Professorin oder einem universitären Professor als auch von einer Professorin oder einem Professor an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften betreut werden. Im Rahmen des Fachforums Verbundpromotion sind mittlerweile elf Verbundkollegs mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten entstanden. Bei dem 2017 gegründeten Verbundkolleg Gesundheit, dessen Sitzhochschule die Universität Regensburg ist, handelt es sich um das mitgliederstärkste Verbundkolleg. Inzwischen sind dem Kolleg 25 bayerische HAWs und Universitäten beigetreten. Aktuell werden 78 Promovierende in ihrer Promotion unterstützt, 29 konnten ihr Forschungsvorhaben erfolgreich abschließen.
Ansprechpartnerin:
Dr. Sabine Fütterer-Akili
Koordinatorin des BayWISS-Verbundkollegs Gesundheit
UR - Universität Regensburg
Zentrum zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
Universitätsstraße 31
D - 93053 Regensburg
Telefon +49 941 943-5548
gesundheit.vk@baywiss.de