Durch den technischen Fortschritt in der Medizin und aufgrund erweiterter therapeutischer Möglichkeiten steigt seit den 1990er Jahren die Anzahl an invasiven Heimbeatmungen in Deutschland, aber auch Europa, stetig und mit hoher Dynamik an. Aktuelle Schätzungen gehen von einer Fallzahl von 15.000Patientinnen und Patienten aus, die mit einer invasiven Beatmung in ihrer Häuslichkeit versorgt werden. Invasive künstliche Beatmung kann die Sprachfähigkeit beatmeter Patienten massivbeeinträchtigen. Dies führt dazu, dass die Kommunikation zwischen den Patienten und Pflegenden nur sehr eingeschränkt möglich ist. Damit sind beatmete und kommunikationseingeschränkte Patienten, die für eine gelingende Versorgung auf die Interaktion mit den sie versorgenden Personenangewiesen sind, in besonderem Maße Isolation, Benachteiligung und Gefahrensituationen ausgesetzt. Zunehmender Ökonomisierungsdruck und Fachkräftemangel im Gesundheitswesen sowie eine stark formalisierte und rationierte Versorgung erschweren den Pflegenden die Interaktion mitkommunikationseingeschränkten Patienten zusätzlich. Vor diesem Hintergrund steigt die Bedeutung nonverbaler (leiblicher)Kommunikation für eine gelingende Versorgung.
Im Mittelpunkt der empirischen Untersuchung des Promotionsprojektes steht das kommunikative Verhalten zwischen nicht sprachfähigen, beatmeten Patienten, ihren Angehörigen und den Pflegenden unter den gegebenen strukturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen. Ziel der Analyse ist es, zu erforschen, wie eine gelingende Verständigung zwischen den Akteuren in diesem Kontext möglich ist und welche Rolle nonverbale (leibliche) Kommunikation dabei spielt. Zudem wird untersucht, welche Bedingungen in der jeweiligen Versorgungssituation gegeben sein müssen, damit eine gelingende Kommunikation und Interaktion zwischen Patient, Angehörigen und Pflegenden ermöglicht werden kann.